Der sagenumworbene "Kontinent" Atlantis beschäftigt die Fantasie der Menschen, seit der griechische Philosoph Platon von ihm berichtet hat. Die Bergung eines Schiffswracks vor Sizilien im Oktober 2024 hat diese Phantasie erneut befeuert. Denn man hat ein Metall gefunden, bei dem es sich möglicherweise um Oreichalkos handelt. Dieses sagenumwobene Metall steht in Zusammenhang mit den Einwohnern von Atlantis.
Was wissen wir über Atlantis?
Atlantis ist ein mythisches Inselreich. Die ältesten uns bekannten Berichte gehen auf Platon zurück, der Atlantis in seinen Dialogen Kritias und Timaos beschreibt.
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Atlantis (fiktive Darstellung) |
Platon beschreibt Atlantis als ein mächtiges Reich, das vor
rund 9000 Jahren existiert haben soll. Er lokalisiert es „jenseits der Säulen
des Herakles“, was den Atlantik meinen könnte.
Die Hauptstadt Atlantis war rundum in konzentrischen Kreisen
aufgebaut, Land und Wasser wechselten sich ab.
Die Bewohner von Atlantis lebten in einem streng geordneten
Staat. Dieser wurde von Königen und einer sehr gut organisierten Verwaltung
geführt. Ich persönlich vermute daher, dass Platon die Insel Atlantis als Idealbild
beschrieben hat, das er seinen Zeitgenossen vorhielt.
Die Bevölkerung war in verschiedene gesellschaftliche
Gruppen unterteilt. Jeder hatte klar definierte Aufgaben. Das führte zu einem
hohen Maß an technischer und architektonischer Leistung.
Obwohl das Reich anfangs als idealer Staat mit reicher
Kultur und fortgeschrittener Technik galt, soll der Übermut der herrschenden
Elite letztlich zu dessen Untergang geführt haben. Der Niedergang Atlantis wird
als Warnung verstanden: Auch ein mächtiger Staat kann an Unmoral,
Überheblichkeit und egoistischem Handeln zerbrechen.
Seit Platon von Atlantis berichtet hat, diskutieren die Menschen ob es die Insel wirklich gab oder ob sie doch nur eine Fiktion des berühmten Philosophen ist. Diese Debatte möchte ich an dieser Stelle nicht aufgreifen. Für diesen Blogbeitrag schließe ich mich der Ansicht an, dass der Mythos von Atlantis einen historischen Kern hat. Also kann man die Frage stellen, wo das Reich der Atlanter einst gelegen hat.
Thesen zur Lage des historischen Atlantis
Platon schreibt, das Atlantis größer als Libyen und Asien zusammen gewesen sein soll. Es soll schon 1000 Jahre vor der Gründung Ägyptens existiert haben. Die Hauptinsel lag außerhalb der Säulen des Herakles. Die Insel sei reich an Rohstoffen gewesen. Neben Gold und Silber nennt Platon ausdrücklich Oreichalkos, vermutlich eine Legierung von Kupfer und Zink. In Insel sei äußerst fruchtbar gewesen und habe aufgrund des Geschicks ihrer Bewohner zwei Ernten im Jahr ermöglicht. Um die Akropolis der Hauptstadt herum hätten sich drei ringförmige, konzentrisch angelegte Kanäle befunden.
Diese Beschreibung macht es uns nur vermutlich einfach, das historische Atlantis zu lokalisieren. Die Säulen des Herakles werden gemeinhin mit der Straße von Gibraltar verbunden, welche das Mittelmeer mit den Atlantik verbindet. Allerdings gibt es auch die (aus gutem Grund umstrittene) Meinung, dass die antiken Griechen auch die Durchfahrt vom Mittelmeer in das Schwarze Meer als Säulen des Herakles bezeichnet hätten. Die Vertreter dieser Meinung können sich auf Strabon berufen. Dieser Fachfrage möchte ich an dieser Stelle nicht nachgehen. Aber wir sehen hier schon, dass die Lokalisierung auf Basis der Schilderung von Platon so einfach doch nicht ist.
Das gilt auch für alle anderen von Platon genannten Kriterien. Dennoch will ich hier mal einige Thesen aufgreifen und kurz beleuchten.
Doñana-Nationalpark
In Andalusien haben Forscher 2011 im Doñana-Nationalpark Relikte gefunden, die zumindest in der Öffentlichkeit mit Atlantis in Verbindung gebracht werden. Darüber berichtet Sciencexx am 25. März 2011. Durch Tiefenradar und andere Vermessungsgeräte kamen Forscher zum Schluss, hier eine Siedlung gefunden zu haben, die zur Sage von Atlantis passen könnte.
2018 machte dann ein britisches Unternehmen mit der Behauptung Schlagzeilen, alles wiederfinden zu können, was je verloren gegangen, vergessen oder versteckt wurde. 2019 nimmt ein Bericht der Archaeology Review all das auseinander. Beim Bezug auf Atlantis ging es darum, Schlagzeilen zu machen. Fakten, die diesen Bezug belegen, gibt es nicht.
Aus diesem Grund halte ich nicht viel von der Lokalisierungshypothese im andalusischen Doñana-Nationalpark.
Santorin
Meine persönliche Lieblingsthese ist Santorin. Der Untergang einer bronzezeitlichen Zivilisation durch einen Vulkanausbruch ist belegt.
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Ruine eines Hauses in Akrotiri (Bildquelle: Hellas Blog) |
Wir sehen die Reste einer Zivilisation, die bautechnisch wirklich etwas drauf hatte. Das passt alles zur Beschreibung von Platon.
Dann kommen noch zwei andere Dinge hinzu. Zum einen ist Santorin kreisrund um eine Caldera angeordnet. Das war schon zu Platons Zeiten so. Und Platon beschreibt, dass es auf Atlantis schwarzes, weißes und rotes Gestein gegeben habe. Das ist auf Santorin auch der Fall.
Gegen die Santorin-Hypothese spricht natürlich auch einiges. Die Insel liegt nicht jenseits der Säulen des Herakles, egal wo man diese nun verorten möchte. Und sie war auch nie so groß wie von Platon beschrieben.
andere bronzezeitliche Orte im östlichen Mittelmeer
In dem Zusammenhang möchte ich noch darauf hinweisen, dass es auch Lokalisierungsvorschläge zu anderen Kulturstätten der Bronzezeit im östlichen Mittelmeerraum gab. Am interessantesten finde ich die Verbindung zum Untergang von Helike, der in historischer Zeit passierte und Platon bekannt gewesen sein muss.
Azoren
Der Vorteil der Inselgruppe der Azoren hinsichtlich der Lokalisierung von Atlantis ist, dass sie definitiv weit draußen im Atlantik liegen. Weder die geografischen Gegebenheiten noch irgendwelche archäologischen Funde auf den Inseln geben dazu etwas belastbares her.
Das Schwarze Meer
Das Schwarze Meer ist gar kein so abwegiger Kandidat für die Lokalisierung von Atlantis. Ursprünglich war es gar nicht das Seegewässer, das wir heute kennen. Es handelte sich um einen großen Süßwassersee, der durch eine Landbrücke am Bosporus vom Mittelmeer getrennt war.
Hintergrund dessen ist, dass die letzte Eiszeit noch nachwirkte. Durch die Schmelze der Eispanzer stieg der Meeresspiegel an. Irgendwann - vermutlich vor etwa 8000 Jahren - floss es dann über die Enge am Bosporus in das Gebiet des Schwarzen Meeres ein.
Damals lebten hier durchaus Menschen. Deshalb wird dieses Ereignis auch gerne mit der Sintflut in Verbindung gebracht. Für den wissenschaftlichen Hintergrund lest bitte eine Veröffentlichung des MPI Bremen.
Am Grund des Schwarzen Meeres hat man Hinterlassenschaften menschlicher Aktivitäten gefunden. Hinweise auf eine Stadt die Atlantis gibt es bisher freilich nicht. Dennoch haben wir hier ein großes Gebiet, das von Menschen bewohnt war und vollständig vom Meer überflutet wurde. Was geologisch belegt ist, könnte auch in etwa zu den von Platon gemachten Zeitangaben passen.
Andere Lokalisierungshypothesen
Es gibt noch zahlreiche andere Thesen, wo Atlantis sich befunden haben könnte. Ich mag die Idee, dass es sich um Helgoland gehandelt haben könnte. Aber die ist vermutlich genauso den Wunschvorstellungen einiger entsprossen wir Lokalisierungsersuche in der Antarktis, in Indien oder dem Malaiischen Archipel.