 |
Beschilderung direkt hinter der Brücke |
Der Schilderwahn in unseren Städten stört mich sehr. Ganz zu Beginn meiner Bloggertätigkeit habe ich schon mal auf ein relativ harmloses
Beispiel aus Wiesbaden hingewiesen (an dem sich seit dem nichts geändert hat, das nur am Rande).
In Görlitz gelangt man vom polnischen in den deutschen Teil über die
nach Papst Johannes Paul II benannte Brücke.
Kaum ist der Autofahrer über die Grenze, wird er von deutschen Hinweisschildern begrüßt, einem nach dem anderen.
Zunächst muss der Autofahrer zur Kenntnis nehmen, dass er das Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland betritt. Nun gut, solche Hinweise finde ich auch in Zeiten einer Europäischen Union ganz hilfreich. Irgendwie gehört das dazu.
Dann kommt der nächste Hinweis. Nämlich darauf, dass man sich in der Europäischen Union befindet. Und dass man sich im Teil der EU namens "Bundesrepublik Deutschland" befindet. Wozu werden die Autofahrer dann aber davor mit dem gelben Hinweisschild gequält? Eines tut es m.E. auch. Inhaltlich wird nämlich nicht wirklich etwas neues gesagt.
Anschließend geht es weiter durch den Schilderwald. Einmal bekommt der Autofahrer einen alten Grenzpfahl zu sehen, wie er in deutschen und polnischen Farben überall an der Oder steht. Die Dinger sind ja ganz nett und eine Reminiszenz an frühere Zeiten - aber hätte man die im Schilderdschungel nicht weglassen können? Sie verdichten ihn nur und verwirren.
Dafür erfährt der Autofahrer aber unmittelbar danach, dass er sich nunmehr im Freistaat Sachsen befindet. Man muss wissen, dass staatsrechtlich die deutschen Bundesländer eigene Staatlichkeit besitzen. Insofern mag das wichtig sein. Nur: hätte es nicht auch eine Ergänzung des Schildes mit der EU getan? Muss hier ein eigenes Schild aufgestellt werden?
Jetzt aber auf zur nächsten Runde: es folgt das Ortsschild für Görlitz. Das halte ich an dieser Stelle für völlig überflüssig, bilden der deutsche und der polnische Teil doch gemeinsam eine
Europastadt. Klar, im Osten wiehert der Amtsschimmel auf polnisch, und der im Westen frisst nur deutschen Hafer. Aber hätten es nicht auch einheitliche, zweisprachige Ortsschilder an den echten Stadtaußengrenzen getan statt mitten in die Stadt noch welche zu setzen?
Ein sinnvoller Hinweis ist die nächste Station auf der Schilderdschungeltour: nämlich der Hinweis auf die in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Höchstgeschwindigkeiten. Unter anderem erfährt der einreisende Kraftfahrer an dieser Stelle, dass man innerorts maximal mit 50 km/h unterwegs sein darf.
Mit dieser Freiheit ist aber schon nach 10 m Schluss. Wo kämen wir auch hin, wenn man nicht gleich nach der Grenze die Autofahrer dran gewöhnt, dass in Deutschland eigentlich 30 km/h in der Kommunalpolitikerszene völlig angesagt ist?
Daher folgt mit dem letzten Schild der Kette ein Streich, den man sich kaum schöner hätte ausdenken können. Ein Schild, das die maximal zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h beschränkt.
Kurt Tucholsky hat mal gesagt, dass Satire alles dürfe. Wir lernen, dass das wohl auch für die kommunale Verkehrspolitik gilt. So heißt man in Görlitz denn die Gäste aus dem Osten willkommen: ein dicker Schilderwald, durch den geistig gesunde Menschen nicht mehr durchblicken können.
Und dass zur Begrüßung erst auf das Limit von 50 km/h hingewiesen wird, dass umgehend auf 30 km/h reduziert wird, hat natürlich nicht zur Folge, dass die Autofahrer sich verarscht vorkommen. Ich denke, sie werden das aufgrund des vorherigen Schilderwaldes gar nicht erst bemerken.