Heute zeige ich Euch einen Siegelring aus Gold. Er zeigt
eine Jagdszene. Die Form nennt man einen Schildring.
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Der Ring mit der Jagdszene |
Der Ring wurde im Schachtgrab IV in Mykene gefunden. Dort
lag er zwischen einem männlichen und einem weiblichen Skelett. Wem von beiden
er gehörte, ist unklar.Zur Jagdszene: Ein Wagen wird von zwei Pferden gezogen. Es
gibt einen Wagenlenker und einen Schützen, der mit Pfeil und Bogen einen
Hirschen erlegt.
Ich persönlich finde die Darstellung der Waffe interessant.
Pfeil und Bogen gehörten als Fernwaffen zur Standardausrüstung mykenischer
Krieger. Das ist in bildlichen Darstellungen auf Gefäßen nachgewiesen. Aus
Funden weiß man, dass die Technik des Baus von Kompositbögen bereits bekannt
war: Holz, Horn und Sehen wurden verleimt. Es liegt nahe, dass solche
leistungsfähigen Bögen nicht nur militärisch, sondern auch bei der Jagd
eingesetzt wurden. Typisch für einen Kompositbogen wäre allerdings eine
Gegenkrümmung an den Enden, die der Abbildung auf dem Siegenring fehlt. Da der
abgebildete Bogen aber relativ klein ist, kann angenommen werden, dass es sich
um einen Kompositbogen handelt.
Ich schätze das Alter dieses Ringes zwischen 1600 v.Chr. und
1500 v.Chr. Das ist aber nur eine Vermutung von mir. In den mir zugänglichen
Quellen habe ich dazu leider nichts gefunden.
Die Werkstatt, in der dieser Ring gefertigt wurde, wird nach
einer jüngeren Ansicht in Mykene verortet. Nach überwiegend vertretener Meinung stammt er aus
Kreta. Er mag als Raub, Handelsware oder ein Geschenk nach Mykene gekommen
sein.
Ich habe mir die Inventurnummer dieses Ringes mit 240
notiert. Wenn Ihr ihn sehen möchtet, geht ins Archäologische Nationalmuseum in
Athen. Wenn ich das nächste Mal dort bin, versuche ich auf jeden Fall, ein
etwas besseres Foto zu machen.
Dort wird noch ein zweiter Ring Kampfszene gezeigt. Dessen
Inventarnummer ist 241. Beide Ringe sind in der Deutschen Fotothek zu sehen.
Die meisten mykenischen Siegel waren aus Halbedelsteinen wie
etwa Karneol, Achat und Jaspis oder in späterer Zeit aus Steatit und Glas gefertigt.
Gold, wie bei diesem Ring, ist schon ein sehr besonderes Material.
Übrigens sind die meisten goldenen Siegel aus der mykenischen / minoischen Zeit nicht massiv. Sie bestehen
aus dickem Blech. Der Goldschmied hat das Bild durch Gravieren, Ziselieren oder
Treibarbeit hergestellt. Diese Techniken kamen auch bei massiven Siegeln zum
Einsatz. Sie wurden nicht gegossen. Ein Trick bei den Schilden der Ringen war,
unedles Metall oder Silber zu verwenden. Das wurde mit einer starken Goldfolie
überzogen, was die Herstellungskosten senkte und optisch erst einmal wie ein
massiver Schild aussah.
Ihr könnt diesen Ring und andere Funde von Heinrich Schliemann im Archäologischen Nationalmuseum in Athen sehen.