Ich habe in den letzten Tagen den Eindruck gewonnen, dass Griechenland in den Abgrund rast. Gestern sind die Gespräche der Euro-Finanzminister ohne Einigung beendet worden. Die Europäische Zentralbank befürchtet Engpässe beim Bargeld. Das ist beides sehr ernst zu nehmen.
Schließlich gibt es die Meldung, dass ein vom griechischen Parlament eingesetzter Ausschuss zum Ergebnis gekommen ist, die Schulden des Landes seien illegal und müssten deshalb nicht zurück gezahlt werden. Die letztere Meldung kann ich nicht ernst nehmen. Es kann sein, dass die griechischen Regierungen nicht legal gehandelt haben, als sie im Ausland Schulden aufgenommen haben. Das ist ein Problem, über das die Griechen in ihrem Land sprechen und entscheiden müssen. Sie haben aber das Geld erhalten und müssen es grundsätzlich zurück zahlen. Im Außenverhältnis sind innerstaatliche Rechtsverstöße ohne rechtliche Wirkung.
Letzten Endes scheint mir das ein politisches Ablenkungsmanöver zu sein, wie es doch recht typisch ist für die griechische Politik. Man kommt intern nicht mehr zurecht, also muss ein äußerer Feind her auf den mit dem Finger gezeigt werden kann. Das Spiel ist leider sehr durchschaubar.
Ich bedauere, dass die neue griechische Regierung so dermaßen versagt. Ich habe hier im Blog das Ergebnis der letzten Wahl analysiert. Für mich steht fest, dass die beiden Regierungsparteien das klare Mandat ihrer Wähler bekommen haben, mit den alten Eliten aufzuräumen. Das haben sie nicht getan. Alexis Tsipras scheint weiter zu machen, wie die abgewählten Eliten gewirtschaftet haben. Auch unter seiner Regierung muss man sich mit den Themen Vetternwirtschaft und Korruption beschäftigen. Dabei hatte gerady Syriza beidem den Kampf angesagt. Gebrüllt haben die Löwen, das war es dann aber auch. Und werden diejenigen, die vom alten System profitiert und sich unglaubliche Vermögen geschaffen haben heute zur Kasse gebeten? Fehlanzeige.
Der Kampf gegen Steuerhinterziehung ist ein Papiertiger, ihn zu verkünden war vermutlich nie ernst gemeint. Die Gerichte haben die Maßnahmen scheinbar weitgehend abgeblockt - Syriza unternimmt dagegen nichts.
Mir scheint, die griechische Regierung fährt eine Taktik, die sich aus dem in der Spieltheorie bekannten Feiglingsspiel ableitet. Mit Giannis Varoufakis hat sie einen Ökonomen an Bord, der Spieltheoretiker ist. Das Manager-Magazin meint, dass seine Strategie aufgehen könne. Mir scheint, die griechische Regierung droht damit, größtmöglichen Schaden in Europa anzurichten, wenn ihre politischen Forderungen nicht erfüllt werden. Dass es möglicherweise viel größeren Schaden anrichtet, wenn man Griechenland über alle bisherigen roten Linien hinweg entgegen kommt, ist das Dilemma. Wie die europäische Politik damit umgeht, kann ich nicht prognostizieren.
Wir werden sehen, wie die Sache sich weiter entwickelt. Ich hoffe nur, dass die Griechen selbst die Kraft aufbringen ihre Regierung daran zu hindern, das Land komplett in den Abgrund zu steuern.